Madumas Vater by Balder Olden

Madumas Vater by Balder Olden

Autor:Balder Olden
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Universitas


Das Maultier Pastor Schukrin

Muhmadi zog voran, des Maultiers Trense im Arm. Er hielt seine stumpfe Nase witternd in die Nacht, verlor einen großen, weißen Stern nicht aus den Augen, der Nacht um Nacht über dem Longidogipfel Wache gestanden. Pastor Schukrin folgte ihm. Den Hals sehr weit vorgestreckt, trug er den Kopf nicht viel tiefer als seine Schultern, als verzögerte es den Marsch, wenn er nur um Halslänge hinter dem Führer blieb. Seine Pflicht tat er als alter Maulbock und Kriegsveteran – diese Haltung drückte immerhin aus, daß er sie widerstrebend tat.

Viele, viele Jahre lang war Pastor Schukrin nur noch zwischen Boloti und Aruscha die vertrauten Pfade gegangen. Das heiße Pori hatte er lang nicht gesehn – in dieser fremden, weicheren Luft wurden in seinem greisen Schädel alle Kriegserinnerungen wieder lebendig. Die endlosen, wochenlangen Märsche unter Bwana Kitabus schwerem Körper, vollgepfropften Satteltaschen, Gewehr und Massen von Patronen . . . Dieser irrsinnige Durst, den man oft gelitten hatte, bis zur Gewißheit des Dursttodes. während die Reiter, die keine Anstrengung litten, von Zeit zu Zeit – »kluck, kluck, kluck« – einen herrlichen Trunk aus der Feldflasche taten. Diese gottverfluchten Schießereien, bei denen es durch die Luft pfiff und schwirrte, während man stehen mußte, nicht fliehen durfte, nur stumm zu leiden hatte.

Die Narbe einer schweren Schulterwunde aus dem Gefecht am Engido zierte Pastor Schukrins ehrwürdiges Fell.

Viele Wochen im Hospitalstall voll köstlicher Ruhe waren jenem Schrecken freilich gefolgt. Aber schlimmer war eine andere Patrouillenerinnerung: wie er, dem Verdursten nah, einen Quell gewittert, mit letzter, allerletzter Kraft endlich das Ziel erreicht hatte, als schon Feuer und Purpur um seine Augen schwamm. Wie er sich damals mit Bissen und Hufschlägen an den anderen Tieren vorbeigekämpft, getrunken hatte – und dann mit aufgeschwemmtem Bauch, völlig steif, unter rasender Kolik, auf dem Rücken lag . . .

Wenn all das wieder begann – dann lieber tot sein! Der Alte trompetete, was er seit Jahren nicht getan, in die linde Nacht hinein, trompetete Erinnerungen und Sorge. War auf diese jungen Burschen Verlaß? Würde er je Boloti wiedersehn, den warmen regendichten Stall, die gelben, lieben Körner in seine Krippe wieder rauschen hören?

Den Beschluß machte Rudi, den Karabiner über die Schulter gehängt, das Zeißglas an der Rechten. Soviel ging ihm durch’s Hirn. wie ein zwölfjähriger Kopf es kaum zu ordnen vermag.

»Vorwärts, heiaheia,« rief er manchmal, wenn der Marsch ihm zu langsam schien. Der Mond ging auf – sanft beleuchtet war ja der Pfad!

Jetzt schliefen Vater und Mutter noch, wenn kein tückischer Zufall sie geweckt hatte. Die Nacht war ohne Drohung – leise rauschten manchmal einer Eule Schwingen oder eine Fledermaus durch die Luft, manchmal kam aus dem Dunkel, halb schläfrig, der Ruf eines Zebras, das ein Hufschritt des Maultiers geweckt. An Löwen und Raubtiere brauchte man nicht zu denken – ganz waffenlos und schwer belastet, waren im Krieg oft tapfere Träger allein diesen Weg gegangen und ungefressen bis zum Ziel gekommen. Für die Löwen gab es wehrloseres Wild. Mußte Buschwerk durchdrungen werden, dann war die Begegnung mit einem Nashorn denkbar, nicht wahrscheinlich. Diese stumpfsinnig-wütenden Bestien toben – der



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